Eine Kurzandacht von Dr. Tanja Christina Zilius
Psychologin und Psychotherapeutin
Verse aus dem Matthäus-Evangelium, Kapitel 6
„19 Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo Motten und Rost sie fressen und wo Diebe einbrechen und stehlen. 20 Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo weder Motten noch Rost sie fressen und wo Diebe nicht einbrechen und stehlen.
21 Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. ……
24 Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon. ….
31 Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden?
32 Nach dem allen trachten die Heiden. Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft.
33 Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen.
34 Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat.“
Es ist immer so eine Sache, Auszüge aus einem Text, einer Rede oder einem Gespräch zu zitieren. Wenn man es falsch macht, verfälscht man den Sinn. Wenn Menschen sich streiten, heißt es dann: „Er hat mir das Wort im Mund umgedreht.“ Ich fürchte, dass wir Menschen es mit dem Wort Gottes, der Bibel, oft auch so machen. Teilweise aus Unvermögen, teilweise aber auch beabsichtigt.
Wenn man das 6. Kapitel im Matthäusevangelium liest, könnte man meinen, dass wahre Christen arm sein sollten. Aber wenn man die ganze Bibel liest, die ganzen Verheißungen Gottes, all die Aussagen über Gottes unermessliche Liebe und seine unermessliche Gnade für uns Menschen, dann merkt man, dass diese Textpassagen uns etwas anderes bedeuten. Sie sollen uns sagen, dass wir wahres Glück nicht in irdischen Dingen finden werden. Wie ich in meinem ersten Teil über die Glückslüge schon schrieb, ist es wissenschaftlich erwiesen, dass weder das Glück über positive irdische Umstände lange anhält (an ein neues Auto hat man sich nach ein paare Tagen gewöhnt, das leckere Essen ist schnell vergessen und sogar Verliebtheitseuphorie ist zeitlich recht begrenzt usw.), noch die positiven irdischen Umstände selbst von Dauer sind. Im Gegenteil: Selbst wenn man viele materielle Güter anhäuft und nicht alles vom Zahn der Zeit, von Rost und Motten und (heutigentags:) Börsencrashs zerstört wurde, nimmt man sie nicht mit ins Grab. Zudem erleben wir zu Lebzeiten, dass jeder Tag nicht nur Annehmlichkeiten für uns bereit hält, wie z.B. Sonnenschein, ein liebevolles Wort, einen Erfolg oder eine warme Mahlzeit, sondern auch seine Plage, wie z.B. ein unerwarteter Wolkenbruch mitten auf dem Weg zur Arbeit in offenen Schuhen, Streit mit der Kollegin, eine schlechte Note, keine Zeit für die Mittagspause, weil zu viel Stress ist usw..
Dem Glück oder dem Geld (in der irrigen Annahme, DAS mache glücklich) nachzujagen ist daher wenig sinnvoll. Psychologisch gesehen führt man am ehesten ein zufriedenes Leben, wenn man solche Sachverhalte anerkennt und nicht dagegen anzukämpfen versucht. Man lebt zufriedener, wenn man schon als Kind die Erfahrung macht, dass ein Lächeln wertvoller ist als ein Geldstück und dass es mehr Spaß macht, mit einem Freund zusammen Lego zu spielen, als allein. Das sind schon recht rätselhafte Phänomene, aber die meisten Menschen machen im Laufe ihres Lebens noch wundersamere Erfahrungen mit dem Glücksempfinden, was uns bekannte Lebensweisheiten zeigen:
• Geteilte Freude ist doppelte Freude.
• Geben macht glücklicher als nehmen.
• Glück ist das einzige, was wächst, wenn man es teilt.
• Glück ist ein Stück vom Himmel, usw.
Rätselhaft. Wundersam. Und völlig konträr zum beliebten Lifestyletrend, schön und reich sein zu müssen!
Rätselhaft und wundersam ist das mit dem Glück, denn es lässt uns erahnen, wie es einst im Paradies war und wie es später im Himmel wieder sein wird.
Jede echte Freude im Leben ist ein Geschenk Gottes und ein kleiner Vorschmack auf das Paradies. Gott beschenkt uns gerne. Er freut sich mit uns, wenn wir uns über seine Segnungen freuen. Und Gott freut sich, wenn wir unsererseits erkannt haben, dass es nicht nur glücklich macht, selber etwas zu bekommen, sondern dass es sogar noch mehr glücklich macht, andere glücklich zu machen. Wir ehren Gott damit, wenn wir dankbar sind und uns freuen.
Dass wir seit dem Sündenfall im Schweiße unseres Angesichts unser Brot verdienen müssen und unter mancherlei Plage leiden, ist leider auch wahr. Aber auch wenn unser Nachbar vom Teufel verleitet wird, uns am Gartenzaun das Leben schwer zu machen, oder unserer Ehepartner zum Ehebruch versucht wird, ganz gleich, durch welche Tiefen wir gehen müssen: Nie fallen wir tiefer als in Gottes Hand!
Darum ist es meine tiefste Überzeugung, dass Christen besser dran sind als andere Menschen. Wer Gott mehr liebt als alles Irdische, dessen Herz ist bei Gott und deswegen kann sein Herz allezeit froh sein, egal, wie widrig die Lebensumstände gerade sind. Froh über die Vergebung seiner Sünden aus Gnade, weil Jesus unsere Sünden am Kreuz trug, und froh über die unermessliche Liebe Gottes, der sich von seinen Kindern nicht und niemals abwenden wird!